Presseerklärung der Bundesregierung v. 10.08.2005
Für die Bundesregierung und die Weltgemeinschaft ist klar: Die Inbetriebnahme der iranischen Atomforschungsanlage Isfahan darf nicht die Herstellung von atomwaffenfähigem Uran bedeuten.
Die am 11. August verabschiedete Resolution des Gouverneursrates der IAEO drückt ernste Besorgnis über die Wiederaufnahme der Uran-Aufarbeitung in Isfahan aus. Der Iran wird aufgefordert, den Betrieb der Anlage zu stoppen und durch die IAEO wieder versiegeln zu lassen. Zur Lösung des Konflikts verweist die IAEO ausdrücklich auf den Verhandlungsweg.
Wie Bundeskanzler Gerhard Schröder zuletzt am 9. August erklärte, hat "Deutschland kein Interesse daran, dass Iran über Atomwaffen verfügt". Der Bundeskanzler reagierte damit auf die Ablehnung eines von Deutschland mitentwickelten EU-Vorschlages, der als Gegenleistung für den Verzicht auf die Herstellung von Atomwaffen eine Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vorsah. Darüber hinaus enthielt der Vorschlag Kooperationsangebote zur friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Mit der erneuten Inbetriebnahme des iranischen Atomzentrums Isfahan am Montag ist die Auseinandersetzung in eine "kritische Phase" getreten, wie der Sprecher der Bundesregierung, Béla Anda, am Mittwoch in Berlin feststellte. Anda forderte den Iran mit Nachdruck auf, das Verhandlungsangebot der so genannten "E3"-Gruppe (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) sorgfältig zu prüfen und zum bereits vereinbarten Stand zurückzukehren. Er begrüßte grundsätzlich die Ankündigung Irans, die Gespräche fortsetzen zu wollen.
Iranische Atomforschung in der internationalen Kritik
Iran hatte schon zu Zeiten der Schah-Herrschaft ein Atomforschungsprogramm aufgelegt, das zunehmend in die internationale Kritik geriet. Das Kernstück dieses Programms, eine Atomanlage bei Isfahan, war im Dezember 2004 auf Druck der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) mit Sitz in Wien stillgelegt und in seinen besonders kritischen Teilen versiegelt worden. Am vergangenen Montag hatte Iran zunächst die unversiegelten, am Mittwoch auch die versiegelten Teile wieder aktiviert. Internationale Proteste wurden unter dem Vorwurf der versuchten Bevormundung zurückgewiesen. Der jüngsten Entwicklung sind jahrelange Verhandlungen um die Einstellung des Programms vorausgegangen. Zuletzt war es zur Ablehnung eines bereits erwähnten Vorschlages einer europäischen Verhandlungsgruppe, der so genannten E3, der auch Deutschland angehört, gekommen.
Als besonders besorgniserregend gilt, dass die in Isfahan vorhandene Technologie für ausreichend gehalten wird, um atomwaffenfähiges Uran herzustellen. Dies nährt Befürchtungen, wonach Iran die Anlage nicht nur zur friedlichen Nutzung, sondern auch heimlich zur Herstellung von Atomsprengköpfen einsetzen könnte.
Insbesondere die USA haben wiederholt vor einer Missachtung des Atomwaffensperrvertrages in der Region gewarnt.
Präsident Bush hat jetzt auch an die EU appelliert, alles zu tun, um Iran auf diplomatischem Weg vom Atomwaffenbau abzubringen.
KOMMENTAR www.Friedensforschung.de :
Die geröteten Textstellen heben die Paradoxie der Presseerklärung hervor:
1. "Deutschland hat kein Interesse daran, dass Iran über Atomwaffen verfügt." - Wenn diese Erklärung gegenüber der iranischen Regierung Geltung haben soll, wie würde dann auf die Frage der iranischen Regierung geantwortet, ob Deutschland ein Interesse daran hat, dass immerhin drei NATO-Staaten über Atomwaffen verfügen?
2. "Als besonders besorgniserregend gilt, dass die in Isfahan vorhandene Technologie für ausreichend gehalten wird, um atomwaffenfähiges Uran herzustellen." - Im Sinne der völkerrechtlich verbürgten Gleichheit der Staaten hätte die Bundesregierung ihre Besorgnis mit der Erklärung zu verbinden gehabt, dass Deutschland bewusst auf eine vergleichbare Technologie verzichte. - Ist das der Fall?
3. "Insbesondere die USA haben wiederholt vor einer Missachtung des Atomwaffensperrvertrages in der Region gewarnt." - Was soll die iranische Regierung von Warnungen eines Staates halten, der selbst gegen den Atomwaffensperrvertrag verstößt, denn aus diesem und sind die USA selbst zur vollständigen Abrüstung ihrer Atomwaffen verpflichtet, aber modernisieren sie fortlaufend.
4. "Präsident Bush hat jetzt auch an die EU appelliert, alles zu tun, um Iran auf diplomatischem Weg vom Atomwaffenbau abzubringen." - Soll dieser Hinweise eine indirekte Kriegsdrohung für den Fall sein, dass die US-Regierung den diplomatischen Weg für gescheitert hält?
Die offensichtliche und unbestreitbare Doppelmoral der bundesdeutschen Haltung ist nicht nur ein Affront gegen die iranischen Regierung, sondern auch eine Zumutung für jeden, der nicht doppelmoralisch durch seine Regierung vertreten werden will, denn unsere demokratischen Systeme verlieren durch solch Doppelmoral im Innern und weltweit an Glaubwürdigkeit und gefährdet den Frieden weit über die Dimensionen des Terrorismus hinaus.
Die Medien berichteten von "aggressiven Tönen aus Teheran" im Begleitprogramm zur Inbetriebnahme des Atomzentrums. Was die iranische Regierung inhaltlich gegen die westliche Kritik vorbrachte, kam in den Nachrichten zu kurz.
Immerhin aber beteuerte die iranische Regierung erneut, dass sie nicht beabsichtige Atomwaffen zu bauen, während die Erklärung der Bundesregierung eine solche Absicht dem Iran unterstellt.
Die internationale Aufsichtsbehörde erklärte indessen, dass es trotz der umfangreichen Recherchen keine Anhaltspunkte für ein Atomwaffenprogramm gebe - und entsiegelte die Anlangen.
Doch der Streit mit dem Iran zeigt:
Das ganze Gerede von der sogenannten "friedlichen Nutzung der Kernenergie" ist sofort keinen Pfifferling mehr wert, sobald ein Land nicht auf der Liste befreundeter Staaten steht. Weil eben immer auch die Fähigkeiten zum Bau von Atomwaffen mitentwickelt werden.
Nicht nur in Nordkorea und nicht nur im Iran, sondern in jedem Staat, der sich an den Bau von Atomkraftwerken macht.
Solange das Atomwaffenverbot nicht weltweit ist, also auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses von Staaten und Menschen, können und werden sich die am Atomwaffenbesitz interessierten Staaten auf drei Berechtigungen berufen:
1. Auf den für alle Staaten geltenen Gleichheitsgrundsatz.
2. Auf die "nationale Souveränität", von der Atomwaffenbesitz nicht ausgenommen ist, es sei denn, man habe sich dazu völkerrechtlich verpflichtet.
3. Auf den Atomwaffensperrvertrag selbst, denn der sieht die Atomtechnologie-Hilfe seitens der Atomwaffenmächte für die Nichtatomwaffenmächte vor. Und wer Atomtechnologie übernimmt, der "kann" sie früher oder später auch für die Entwicklung von Atomwaffen nutzen. - Sobald die Chemie in den internationalen Beziehungen nicht mehr stimmt.
"Der Fall scheint klar": Der Iran ist eine Diktatur und verletzt die Menschenrechte, aber wer daraus einen Pragmatismus entwickelt, der mit Doppelmoral ein politisches Problem zu lösen versucht, wird damit scheitern.
-sven-
13 August 2005
06 August 2005
60 Jahre Hiroshima: Greenpeace demonstriert in Berlin gegen Atomwaffen
Hamburg/Berlin, 06.08.2005, veröffentlicht von Beate Steffens
Bomben-Modell vor US-Botschaft erinnert an Kriegsopfer
Gegen Atomwaffen und Krieg protestieren 15 Greenpeace-Aktivisten heute in Berlin in der Nähe der us-amerikanischen Botschaft. Die Umweltschützer haben ein sechs Meter großes Modell einer Atombombe aufgebaut, aus der sich eine skelettierte Freiheitsstatue windet.
Damit erinnern die Umweltschützer an den 60. Jahrestag des Abwurfs der ersten Atombombe über dem japanischen Hiroshima durch die Vereinigten Staaten. Auf einem Banner steht: 60 Jahre danach: Für eine Welt ohne Atomwaffen- USA nuklear abrüsten. Mit der Aktion erinnert Greenpeace an die fast 300.000 Toten durch die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki.
In unserer Welt haben Atomwaffen nichts mehr verloren, sagt Wolfgang Lohbeck, Abrüstungsexperte von Greenpeace. Diese Bomben und Raketen sind überflüssig und gehören auf den Schrott. Dennoch lagern auch 15 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges weltweit über 16.000 einsatzbereite Atombomben in den Arsenalen, der Löwenanteil davon in den USA und Russland.
Es ist ein Trauerspiel, so Lohbeck, dass die USA aus den verheerenden Geschehnissen von vor 60 Jahren offenbar nichts gelernt haben. Anstatt weiter atomar aufzurüsten und sich sogar einen atomaren Erstschlag offenzuhalten, müssen sich die USA für den Abwurf der Atombombe entschuldigen und mit der nuklearen Abrüstung beginnen.
In ihrer neuen Verteidungsstrategie aus dem Jahr 2002 halten sich die USA generell den Ersteinsatz von Atomwaffen und deren Einsatz gegen Nicht-Atomwaffenstaaten vor. Hierfür entwickeln US-Rüstungskonzerne neue Atomwaffen, so genannte Mini-Nukes. Zudem forschen US-Waffenlabors an tief in die Erde eindringenden atomaren Bunkerbrechern.
Mit der Entwicklung dieser neuen Waffen ebenso wie mit ihrer Weigerung, atomar abzurüsten, brechen die USA den Atomwaffensperrvertrag von 1970. Darin hatten sich die Vereinigten Staaten und die anderen Atommächte zur atomaren Abrüstung verpflichtet. Der Vertrag verbietet Staaten, die 1967 keine Atomwaffen besaßen, diese zu bauen oder zu kaufen. Die Atommächte gingen im Gegenzug die Verpflichtung ein, ihre Atomwaffen schrittweise abzurüsten.
Greenpeace beteiligt sich weltweit an Gedenkveranstaltungen zum Atombombenabwurf. Gestern ließen Greenpeace-Aktivisten 10.000 Luftballons in Form von Friedenstauben vor dem Atombombendom in Hiroshima aufsteigen. An den Ballons waren Friedensbotschaften aus 155 Ländern befestigt.
Bomben-Modell vor US-Botschaft erinnert an Kriegsopfer
Gegen Atomwaffen und Krieg protestieren 15 Greenpeace-Aktivisten heute in Berlin in der Nähe der us-amerikanischen Botschaft. Die Umweltschützer haben ein sechs Meter großes Modell einer Atombombe aufgebaut, aus der sich eine skelettierte Freiheitsstatue windet.
Damit erinnern die Umweltschützer an den 60. Jahrestag des Abwurfs der ersten Atombombe über dem japanischen Hiroshima durch die Vereinigten Staaten. Auf einem Banner steht: 60 Jahre danach: Für eine Welt ohne Atomwaffen- USA nuklear abrüsten. Mit der Aktion erinnert Greenpeace an die fast 300.000 Toten durch die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki.
In unserer Welt haben Atomwaffen nichts mehr verloren, sagt Wolfgang Lohbeck, Abrüstungsexperte von Greenpeace. Diese Bomben und Raketen sind überflüssig und gehören auf den Schrott. Dennoch lagern auch 15 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges weltweit über 16.000 einsatzbereite Atombomben in den Arsenalen, der Löwenanteil davon in den USA und Russland.
Es ist ein Trauerspiel, so Lohbeck, dass die USA aus den verheerenden Geschehnissen von vor 60 Jahren offenbar nichts gelernt haben. Anstatt weiter atomar aufzurüsten und sich sogar einen atomaren Erstschlag offenzuhalten, müssen sich die USA für den Abwurf der Atombombe entschuldigen und mit der nuklearen Abrüstung beginnen.
In ihrer neuen Verteidungsstrategie aus dem Jahr 2002 halten sich die USA generell den Ersteinsatz von Atomwaffen und deren Einsatz gegen Nicht-Atomwaffenstaaten vor. Hierfür entwickeln US-Rüstungskonzerne neue Atomwaffen, so genannte Mini-Nukes. Zudem forschen US-Waffenlabors an tief in die Erde eindringenden atomaren Bunkerbrechern.
Mit der Entwicklung dieser neuen Waffen ebenso wie mit ihrer Weigerung, atomar abzurüsten, brechen die USA den Atomwaffensperrvertrag von 1970. Darin hatten sich die Vereinigten Staaten und die anderen Atommächte zur atomaren Abrüstung verpflichtet. Der Vertrag verbietet Staaten, die 1967 keine Atomwaffen besaßen, diese zu bauen oder zu kaufen. Die Atommächte gingen im Gegenzug die Verpflichtung ein, ihre Atomwaffen schrittweise abzurüsten.
Greenpeace beteiligt sich weltweit an Gedenkveranstaltungen zum Atombombenabwurf. Gestern ließen Greenpeace-Aktivisten 10.000 Luftballons in Form von Friedenstauben vor dem Atombombendom in Hiroshima aufsteigen. An den Ballons waren Friedensbotschaften aus 155 Ländern befestigt.
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