06 Mai 2008

Abschreckungsdoktrin

Die atomare Abschreckungsdoktrin bzw. Abschreckungsstrategie wird von ihren Verfechtern als "friedenssichernd" und "Verteidigungsstrategie" propagiert, aber anstatt den Frieden zu sichern, sorgt sie für maximales Misstrauen und gefährlichstes Wettrüsten, und anstatt "Verteidigung" stellt sie sich als maximale Erpressungspotential dar, welches sich die Atomwaffenstaaten gegenüber atomwaffenlosen Staaten privilegiert anmaßen.

Kritik an der Abschreckungsdoktrin, einzeln

1. Die Atomwaffenstaaten definieren vollkommen willkürlich, was sie unter einem "Angriff" verstehen, sondern stellen mal dieses, mal jenes "Interesse" als ihr legitim verteidigungsfähiges "nationales Interesse" dar, so dass die Atomwaffen auch als Erpressungsmittel genutzt werden, um andere Staaten zu bevormunden.

2. Die atomare Abschreckungsdoktrin wurde zwar aus dem allgemeineren und rationalen Vorbeugungsprinzip entwickelt, dass ein potentieller Angreifer durch eine Vergeltungsandrohung von einem Angriff abzuschrecken bzw. abzuhalten sei, vgl. Strafrecht >> Generalprävention, aber geht als atomare Strategie vollkommen andere Wege, denn sie droht im Unterschied zur gewöhnlichen "Vergeltung" nicht nur potentielle Angreifer, sondern bedroht die Menschheit in ihrer Gesamtheit mit dem etwa 20-fachen Overkill.

3. Die atomare Abschreckungsdoktrin versagt insbesondere gegenüber Politikern, die durch schwere Verbrechen "überhaupt nichts mehr zu verlieren haben", also nicht davor zurückschrecken würden, die Menschheit für sich haften zu lassen.

4. Die atomare Abschreckungsdoktrin versagt auch deshalb, weil ihre Vertreter permanent versuchen, die Vergeltungsmittel des Gegners durch fortschreitend zielgenauere Angriffstechniken und durch fortschreitend effektivere Abwehrtechniken auszuschalten und damit die eigenen Angriffsfähigkeiten zu erhöhen. Die atomare Abschreckungsdoktrin treibt somit das Wettrüsten an, wie auch jede konventionelle Abschreckung, solange die Friedenssicherung auf dem Wege der nationalen Selbstjustiz versprochen wird, anstatt die Friedenssicherung durch ein globales Gewaltmonopol der Vereinten Nationen zu gewährleisten.

5. Die atomare Abschreckungsdoktrin sorgt für permanentes Misstrauen der Atommächte gegeneinander und gegenüber atomwaffenlosen Staaten, die im Verdacht stehen, ebenfalls in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Solche Falschverdächtigungen wurden beispielsweise bemüht, um für den Irak-Krieg zu werben.

6. Die atomare Abschreckungsdoktrin ist auch deshalb völkerrechtswidrig, weil sich die Atomwaffenmächte hinsichtlich des "Rechts auf Atomwaffen" gegenüber atomwaffenlosen Staaten privilegieren, also das in der UNO-Charta zugesicherte Prinzip der Gleichheit verletzen.

7. Die atomare Abschreckungsdoktrin ist auch deshalb völkerrechtswidrig, weil die Atomwaffenmächte nicht ausreichend vergewissern können, dass es zu keinem ungewollten Atomwaffenkrieg kommt, beispielsweise durch Fehlinterpretation von Geschehnissen, durch Terrorismus, durch "technisches" oder "menschliches Versagen", denn jedes Versagen im Umgang mit Atomwaffen setzt zunächst einmal das POLITISCHE VERSAGEN voraus, dass überhaupt Atomwaffen existieren.